Rückblick Jahrestagung 2023
Pastoralkonferenz Aargau

15. November 2023  |  Propstei Wislikofen

Hinwendung zur Seele der Erde
Klimawandel und Schöpfungstheologie

Text und Fotos: Jeannette Häsler Daffré, kathaargau.ch  

Die Erde brennt. So der Titel des engagierten Referats von Julia Enxing, Professorin für systematische Theologie, die live aus Dresden online in die Propstei in Wislikofen zugeschaltet wurde. Zuvor wurden die rund 40 Teilnehmenden der diesjährigen Jahrestagung der Pastoralkonferenz von Puppe «Lucy» begrüsst. An diesem kantonalen Treffen drehte sich alles um das Thema «Klimawandel und Schöpfungstheologie». Nicht nur der Theologiestudent und Klimastreik-Aktivist Jonas Meier nahm dabei Bezug auf «Laudato sì», der im 2015 in acht Sprachen veröffentlichten Verlautbarung von Papst Franziskus über die «Sorge für das gemeinsame Haus».
 
Die aktuelle Situation fordert von allen einen grundlegenden Wandel. Zu Fragen, was der eigene Beitrag im beruflichen und persönlichen Umfeld sein kann und welche Instrumente und Methoden dabei hilfreich sind, wurden Gäste eingeladen, die sich aus einer christlichen Motivation heraus im Bereich Schöpfung und Klimabewegung engagieren. Trotz so manchen Gegenwinds treten sie für eine veränderte Beziehung zur Schöpfung ein, für eine «Hinwendung zur Seele der Erde».

Wenn der Wind des Wandels weht,
bauen die einen Mauern
und die anderen Windmühlen.

Viel zu denken und zu diskutieren gab das Referat von Professorin Julia Enxing mit dem Titel «Theologie in der Klimakrise. Impulse für eine Schöpfungsverantwortung im 21. Jahrhundert». Sie zeigte Perspektiven im Anthropozän von den Ursprüngen über die Transformationen hin zu den Visionen einer Theologie der Mitgeschöpflichkeit. Die Suche nach dem Ursprung führt zu Genesis 1,28. Denn Studien benennen das Christentum als einer der drei Faktoren für die Klimakrise und den Status quo der Erde mit dem in der Bibel festgehaltenen «Macht euch die Erde untertan». Wobei eine im 20. Jahrhundert verstärkt auftretende Deutung den Herrschaftsauftrag eher im Sinne einer treuhänderischen, gleichsam hütenden Aufgabe verstehe. 

«Seid fruchtbar und mehrt euch, füllt die Erde und unterwerft sie und waltet über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die auf der Erde kriechen!»
Genesis 1,28

Doch es folgt ein theologischer Paradigmenwechsel. Unter dem Stichwort «Transformation» zitiert sie aus «Laudato sì» dass es nicht genügt, die verschiedenen Lebewesen nur als eventuelle nutzbare Ressourcen zu sehen, sondern dass sämtliche Geschöpfe der Erde einen Vater haben und eine Familie sind. 

Die rechte Weise, das Konzept des Menschen als «Herr» des Universums zu deuten, besteht hingegen darin, ihn als verantwortlichen Verwalter zu verstehen.
Laudato sì 116

Als Vision sieht die Theologieprofessorin die Schöpfungstheologie in der Gottesliebe verankert. «Von den weitesten Panoramablicken bis zur winzigsten Lebensform ist die Natur eine ständige Quelle für Verwunderung und Ehrfurcht. Sie ist auch eine fortwährende Offenbarung des Göttlichen.» Laudato sì 85. «Das Ziel ist nicht, Informationen zu sammeln oder unsere Neugier zu befriedigen, sondern das, was der Welt widerfährt, schmerzlich zur Kenntnis zu nehmen, zu wagen, es in persönliches Leiden zu verwandeln, und so zu erkennen, welches der Beitrag ist, den jeder Einzelne leisten kann.» Laudato sì 19. Das Reich Gottes ist unter uns, Gott offenbart sich in der Schöpfung. Dabei bemerkt sie, dass Gott gemäss dem biblischen Schöpfungsbericht als letztes den Menschen geschafften hat, und dass dieser Schöpfungsakt als einziger nicht mit «und es war gut» kommentiert wird.
Zum Schluss ermutigt uns Julia Enxing, dass wir nicht Rom brauchen, um uns zu engagieren: «Wir sind Kirche. Wir sind nicht abhängig von einem Papst, wir können emanzipiert agieren.».
 
Jonas Meier, Theologiestudent und Klimaaktivist, berichtete danach über den politischen Aktivismus in der Schweiz nach 5 Jahren Klimastreik-Bewegung und zeigt unter dem Motto «Handeln aus Hoffnung» mögliche Lösungsansätze für die Kirche auf. Es ist inspiriert durch eine Hoffnung auf eine bessere Welt, und zwar nicht im Sinne von «mal schauen, es wird schon gut kommen» sondern durch ein handelndes Hoffen. Nach dem Impuls von Isabelle Senn der Fachstelle Bildung und Propstei, die im Innenhof der Propstei mit beseelenden Gedanken die Teilnehmenden aus der Schöpfung schöpfen liess, konnten die Themen am Nachmittag in verschiedenen Ateliers vertieft werden.

Weitere Informationen
Julia Enxing https://juliaenxing.de
Jonas Meier https://climatestrike.ch

Fotogalerie der Konferenz